COOP ON LOCATION #78: SYNTHESE TANZ - FILM

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Fr 13.12.02, 19.30 Programm I
Sa 14.12.02, 19.30 Programm II

Beginnend mit den Pionierarbeiten von Loïe Fuller und Maya Deren über Videos aus der langjährigen Zusammenarbeit zwischen Merce Cunningham und Charles Atlas spannt das Programm einen Bogen bis hin zu aktuellen Positionen der österreichischen Künstler Walli Höfinger, Walter Lauterer und Johanna Tatzgern, deren Arbeiten sich der filmischen Annäherung an experimentelle Tanzformen der Gegenwart widmen.

Die Beziehung der TanzperformerInnen, die sich v.a. über die Unmittelbarkeit des körperlichen Ausdrucks in der Gegenwart mitteilen, zu konservierenden Medien ist schwierig und oftmals von Skepsis geprägt. Trotzdem gibt es abseits vom Feld der reinen Arbeitsdokumentation immer wieder Kooperationen zwischen den beiden Disziplinen, die sich auf unterschiedlichste Art mit dem placement  von Körper und Bewegung auseinandersetzen. Der Film/Videoscreen als virtueller Ort bilden veränderte Bedingungen und Möglichkeiten für die Tänzer. Das Raum-Zeit-Kontinuum ist aufgebrochen und der Umgang mit Materialität wird transformiert.

Die Zugänge variieren - ein Punkt aber kennzeichnet im allgemeinen diese Form der Zusammenarbeit: die Impulse gehen im allgemeinen von FilmemacherInnen und/oder PerformerInnen aus, die in ihrer künstlerischen Biographie als Grenzgänger zwischen vielen Disziplinen und Medien operieren.
 

Fr 13.12.02, 19.30 
Programm I: Raum.Zeit
Maya Deren:  A Study in Choreography, USA 1945,16 mm, 3'
Maya Deren: Meditation On Violence, USA 1948,16 mm, 10'
Merce Cunningham / Charles Atlas: 
Blue Studio: Five Segments, USA 1976,Video, 15'
Charles Atlas: Channels/ Inserts, USA 1982, Video, 32'
Johanna Tatzgern: Peripher, Video, A 1998,15' 
Johanna Tatzgern: Tepidarium, A 1999, Video, 10'
Walter Lauterer: o.T. 2002, A/ P 2002, Video, 15'

Sa 14.12.02, 19.30
Programm II: Material
Loïe Fuller: Le Lys , F 1934, 35mm, SW col, 5' 
Maya Deren:
Ritual in Transfigured Time, USA 1946,16mm, SW, 14'
Walli Höfinger: Fetzen Skizze I, BRD 1996, Video, SW, 5'
Walter Lauterer: o.T. 2001, A, P 2001, Video, 12'
Charles Atlas: Walkaround Time, USA 1973, Video, 48'

Zu den Filmen:

Maya Deren

A Study in Choreography for Camera
16mm, S/W, 3 min, stumm
USA 1945 
Performance: Talley Beatty
Regie: Maya Deren
 

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Filmstill: A Study in Choreoography for Camera (Talley Beatty)

The movement of the dancer creates a geography that never was. With the turn of the foot, he makes neighbors of distant places. Being a film ritual, it is achieved not in spatial terms alone, but in terms of a time created by the camera (Maya Deren). 

Ritual in Transfigured Time
16mm, S/W, 14.5 min, stumm
USA 1945-46, 
PerformerInnen: Maya Deren, Rita Christiani, Frank Westbrook
Choreographie: Frank Westbrook, Maya Deren 

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Filmstill: A Ritual in Transfiguered Time (Maya Deren, Rita Christiani)

A ritual is an action distinguished from all others in that it seeks realization of its purpose through the exercise of form. In this sense ritual is art; and even historically, all art derives from ritual. In ritual the form is the meaning. More specifically, the quality of movement itself is not a merely decorative factor; it is the meaning itself of the movement. In this sense, this film is a dance. (Maya Deren)

Meditation on Violence
16mm, S/W, 13 min., sound
USA ,1948 
Performance: Chao-li Chi
Kamera, Regie: Maya Deren

Chao-li Chi vollzieht ein Tai Chi Ritual ( eine Kampf - Form) vor der Kamera. Der Übergang von Innen- zum Außenraum erfolgt durch den Schnitt, ohne dabei den Bewegungsablauf zu durchbrechen. Die perfekte Balance der Performance Chao-li Chi´s wurde von Maya Deren durch die einfache filmische Umkehrung der Sequenz sichtbar gemacht.


Merce Cunningham und Charles Atlas

Blue Studio: Five Segments
Video, 15 min, col
USA 1976
Performance: Merce Cunningham
Regie: Merce Cunninham / Charles Atlas

Blue Studio: Five Segments ist ein Solo – Videotanz von M.C., der die natürliche Artikulation, einfache Gesten und bewegungenbetont. Mittels Bluebox-Technik werden imaginäre Räume eingeführt. Das Medium Video wird durch die Synthese von Technik und Bewegung zu einer 
hybriden Form entwickelt.

Channels/ Inserts
Video, 32 minutes
USA 1982
Choreography by Merce Cunningham
Directed by Charles Atlas
Music by David Tudor, "Phonemes" 
Artistic Advisor: Mark Lancaster
Produced by Cunningham Dance Foundation 

Dancers: Karole Armitage, Louise Burns, Ellen Cornfield, Susan Emery, Lise Friedman, Alan Good, Neil    Greenberg, Catherine Kerr, Chris Komar, Judy Lazaroff, Joseph Lennon, Rob Remley, Robert Swinston, Megan Walker

Cunningham and Atlas divided the studio into sixteen possible areas for dancing and used chance methods based on the I Ching to determine the order in which these spaces would be used, the number of dancers to be seen and events that would occur in each space. Atlas employed cross-cutting and animated mattes or wipes to indicate a simultaneity of dance events occurring in different spaces, as well as to allow for diversity in the continuity of the image.

Walkaround Time
Video 48 minutes, color
USA 1973
Choreography by Merce Cunningham
Directed by Charles Atlas
Music and soundtrack by David Behrman: "...for nearly an hour..."
Decor supervised by Jasper Johns after Marcel Duchamp's, "The Large Glass".
Dancers: Carolyn Brown, Merce Cunningham, Ulysses Dove, Douglas Dunn, Meg Harper, Susana Hayman-Chaffey, Chris Komar, Sandra Neels, Chase Robinson, Valda Setterfield

"Though the choreography, music, and decor were each independently conceived, they share a common thematic purpose: an homage to the work of Marcel Duchamp. Cunningham has translated Duchamp's concern with transparency in terms of a dance which explores the possibilities of lateral movement across a proscenium space. Cunningham's ready-made is the 'laissez-faire' movement during the 'entr'acte', and when he changes costume on stage it is a nod to the famous nude." (Charles Atlas)


Walter Lauterer

o.T. 2001
Video, 12 min, col
Portugal / Österreich (2001)
Performance: Cláudia Dias
Kamera, Rauminstallation, Licht: Walter Lauterer

Dieses Video entstand im Rahmen AICNÊTSIXE – eines Projekts der Companie 
RE AL/ Joao Fiadeiro in Lissabon. Für die Materialfindung dieses Projekts erarbeitete W. L. Installationen als depature point  für die PerformerInnen. In der in o.T. 2001  gezeigten Sequenz wurde mit einer Raumumkehrung gearbeitet: die formale Struktur der geweißten Holzkassettendecke ist mittels hellen Papierklebebändern auf dem Parkettboden rekonstruiert. O.T. 2001 zeigt eine 12 Minuten dauernde Sequenz aus einer Improvisation der Performerin Claudia Dias in diesem Raum.
Die konzeptuellen Eingriffe von W.L. akzentuieren die Materialität des Holzes. Licht und Bewegung lassen die Tänzerin mit diesem Material zu einer Einheit verwachsen.
Der hämmernde Musikbeat aus einem Nebenraum verweist auf „aussen“ und setzt einen scharfen Gegenpol zum Rhythmus der Performance.

o.T. 2002
Video, 15 min, col
Portugal / Österreich (2002)
Konzept: Walter Lauterer
Performance: Helga Guszner, Joao Fiadeiro
Kamera, Rauminstallation, Licht: Walter Lauterer

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Videostills: o.T. 2002 (Helga Guszner, Joao Fiadeiro)

Diese Arbeit, ausgeführt in einem Raum einer ehemaligen Druckerei in Lissabon, ist 
im klassischen Sinn des Videotheatro konzipiert. Sowohl die zugrunde liegende Rauminstallation, ein Environment für zwei Personen, als auch die Performance sind
für den Videoscreen entwickelt. 
Die realtime-Komposition beginnt mit dem Moment der Plazierung der beiden Performer im Raum. Die installierte Realität des Environments wird zunächst nur durch die Tonebene - Straßengeräusche im Originalton - durchbrochen, im weiteren Ablauf dringt der Außenraum durch geöffnete Balkontüren ein; schließlich erfolgt die Bewegung der Performer in einer „Expedition“ nach außen.
Installation, Lichtführung und Kamera definieren Räume für eine Improvisation, deren Beweggründe gleichermaßen zwingend wie rätselhaft erscheinen.


Johanna Tatzgern

Peripher
Video, 15 min
A, 1998
Konzept: Johanna Tatzgern
PerformerIn: Annette Pfefferkorn, Oleg Soulimenko 
Kamera: Johanna Tatzgern
Schnitt: Corinne Schweizer

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Videostills: Peripher ( Oleg Soulimenko, Annette Pfefferkorn)

Peripher zeigt in Shortcuts abwechselnd die Annette Pfefferkorn und Oleg Soulimenko, die sich in realtime-Kompositionen vor der Kamera bewegen. J.T. tritt in ihrer Kameraarbeit in Kontakt mit den Performern und entwickelt daraus ebenfalls eine Improvisation mit der sie Position und Raum verändert. Damit schafft sie eine Symbiose von Performance und dem Medium Video. Der reale Ort des Geschehens löst sich auf  und verwandelt sich in eine abstrakte Bildebene.

Tepidarium
Video, 10 min
A ,1999
Konzept: Johanna Tatzgern
Performerin: Katharina Bamberger
Kamera: Johanna Tatzgern
Schnitt: Corinne Schweizer

J.T. hat die Aktion dieser Arbeit im kreisrunden Wärmeraum einer Sauna angesiedelt. Die Künstlerin verfolgt in einer sich wiederholenden Bewegung die Aktionen der Performerin auf dem in konzentrischen Kreisen strukturierten Boden. 

Die fließenden Bewegungen der Improvisation, die Farbgebung durch digitale Bearbeitung und die visuelle Anspielung an abfließendes Wassers durch die kreisende Kamera versetzen die ZuschauerInnen in einen Raum zwischen Struktur und endloser Auflösung. Das Stehenbleiben der Kamera am Ende der Sequenz bietet nur kurzen Halt, bis auch dieses Bild sich zersetzt.


Walli Höfinger

Fetzen Skizze I 
Video, 5 min, SW
BRD 1996
Konzept und Performance: Walli Höfinger
Kamera: Gabriele Pichler

Dieses Videoband wurde als Teil einer Rauminstallation konzipiert. Der Boden des Ausstellungsraumes und nasse Putzlappen bilden das Material und den Ausgangspunkt für die Bewegungsimprovisation (realtime ) , die ausschließlich für die Kamera / den Videoscreen durchgeführt wurde. Die Performerin arbeitet mit den Lappen um Hände und Füße gewickelt. Die Assoziation zum „Reinigen“ verliert sich und taucht wieder auf. Das klatschende Geräusch bildet den rhythmischen Hintergrund zu einem geheimnisvollen Ritual.


Die Filmemacher

Loïe Fuller
Loïe Fuller agierte noch vor Isadora Duncan als weibliche Solotänzerin außerhalb des institutionellen Ballets. Sie hatte ihre Performancekarriere als Schauspielerin begonnen und erlangte später internationale Anerkennung für die Entwicklung ihres Serpentinentanzes, der auch von den Brüdern Lumiére gefilmt wurde. In der Folge begann sie selbst Regie zu führen, u. a. für „Le Lys de la Vie“, von dem nur noch ein Fragment existiert.

Maya Deren
Maya Deren studierte Journalismus, politische Wissenschaften und englische Literatur. Zusammen mit ihrem Ehemann Alexander Hammid drehte sie 1943 ihren ersten Experimentalfilm "Meshes of the Afternoon". In der Folge ihres sehr kurzen Lebens vollendete sie sechs Kurzfilme. Weiters existieren von ihr einige unvollendete filmische Arbeiten, u.a. „The Witches Cradle“ (1944), in dem Marcel Duchamp mitwirkte.
Maya Deren schrieb über Filmtheorie ebenso wie sie literarische Texte verfasste, kümmerte sich perönlich um den Vertrieb ihrer Filme, und beschäftigte sich intensiv mit haitischer Kultur und Religion. In ihren Filmen arbeitete sie mit Künstlern aus unterschiedlichsten Disziplinen zusammen. In den späten 50-Jahren gründete sie die Creative Film Foundation, um die Arbeit der unabhängigen Filmemacher zu würdigen.

Merce Cunningham,  Charles Atlas
Merce Cunningham beschäftigte sich seit seinen Anfängen als Choreograf in den frühen 
60-Jahren mit den Möglichkeiten der Synthese von Tanz und Film und den speziellen Bedingungen für TänzerInnen und Filmemachern in dieser Zusammenarbeit. Bildende Künstler, Musiker und Filmemacher wie Robert Rauschenberg, Nam June Paik, Jasper Jones, John Cage, Charles Atlas und Elliot Kaplan unterstützten ihn und seine Dance Company bei diesen Experimenten. Viele der Arbeiten wurden in Cunninghams Westbeth Studios produziert.

Walter Lauterer 
Der österreichische Künstler ist in den Bereichen Architektur, Rauminstallation, Licht und Bühnenbild und ebenso als Tänzer und Performer tätig. In den letzten Jahren arbeitete er intensiv mit dem portugiesischen Tänzer Joao Fiadeiro zusammen. In dieser Kooperation entstand ein Teil seiner filmischen Arbeit.
Die Basis der Videofilme bildet im allgemeinen eine Rauminstallation von W. L., in die er als weiteres Element die PerfomerInnen einsetzt. Bewegungsmprovisation und Kameraführung entwickeln sich in der weiteren Folge in einer gemeinsamen realtime-Komposition. 

Johanna Tatzgern
Die aus dem Bereich der Bildenden Kunst kommende Künstlerin arbeitete im Rahmen von Rauminstallationen immer wieder mit dem Medium Video. Ihre Arbeitsweise wurde stark durch ihre intensive Beschäftigung mit Tanz, Contactimprovisation, Improvisation, Authentic Movement und Release Technique beeinflußt. Seit 1994 realisiert sie gemeinsam mit anderen Künstlern medien- und spartenübergreifende Projekte.

Walli Höfinger
Die aus Österreich stammende Künstlerin lebt und arbeitet in Deutschland (Berlin und Saarbrücken. Sie studierte Performance und Neue Künstlerische Medien bei Ulrike Rosenbach. Seit 1994 arbeitete sie an verschiedenen Tanzprojekten mit und seit 1996 an der Entwicklung eigener Performancekonzepte mit  Video.
Seitdem zahlreiche Auftritte im In- und Ausland.
Gemeinsam mit der KünstlerInnengruppe Magdalena Inc.+ verwirklicht sie medien- und spartenübergreifende Performanceprojekte.